Branchentreff zeigt Fachleuten erfolgreiche Strategien für einen klimaneutralen Gebäudebestand
Energetische Sanierung möglichst schnell, effizient und zukunftsorientiert umsetzen: Fachkongress von Zukunft Altbau findet bereits zum 24. Mal statt.
Mehr als drei Viertel aller Heizungen in Deutschland werden noch mit Erdgas oder Öl betrieben. Das wird bei stark steigenden Energiekosten, Gasversorgungskrise und Klimaschutzanforderungen nicht so weitergehen können. Wie bestehende Gebäude am besten weg von fossilen Energien kommen, zeigt am 23. November 2022 die Fachtagung Herbstforum Altbau in Stuttgart. Im Fokus stehen unter anderem neueste Erkenntnisse, wie Wärmepumpen in teilsanierten Bestandsgebäuden effizient funktionieren können. Außerdem gibt es Vorträge zur energetischen Stadtsanierung, Gründächern und Photovoltaikanlagen sowie Sanierungsbeispielen aus der Praxis. Der deutschlandweit bekannte Expertenaustausch findet zum 24. Mal statt. Teilnehmende können in Präsenz oder virtuell an der Veranstaltung in der Sparkassenakademie dabei sein. Ab zehn Personen ist die Teilnahme auch als Regionalgruppe möglich. Erwartet werden rund 600 Expertinnen und Experten aus Energieberatung, Handwerk, Architektur und Planung, Politik und Verwaltung sowie Kammern und Verbänden. Veranstalter der Fachtagung ist Zukunft Altbau, das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm. Die Anmeldung erfolgt über www.zukunftaltbau.de/herbstforum.
Energiepreis- und Lieferkrisen, schärfere gesetzliche Anforderungen und mit hohen Summen ausgestattete Förderprogramme machen den Gebäudebestand zu einem sehr dynamischen Handlungsfeld. Aktuell steigt die Nachfrage nach Beratungsleistungen bei Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern stark an. Das seit langem absehbare Nadelöhr sind ausgelastete Fachleute und Materialengpässe. Daher sind neues Denken und eine gute Vernetzung untereinander gefragt.
Fachliche Weiterbildung und kollegialer Kontakt sind wichtig für die Wärmewende
Live-Vorträge von renommierten Expertinnen und Experten, interaktive Programmpunkte und eine begleitende Fachausstellung zeigen einen realistischen Blick auf die stockende Wärmewende und Auswege daraus. Dieses Jahr wird das Herbstforum wieder hybrid stattfinden. So können alle Interessierten an der Veranstaltung in gewünschter Weise teilnehmen. Die Fachtagung wird als Weiterbildung von der dena sowie der Architekten- und Ingenieurkammer des Landes anerkannt. Die Teilnahmegebühr vor Ort beträgt 70 Euro, für den digitalen Einzelzugang 30 Euro pro Person. Leitlinienberaterinnen und -berater von Zukunft Altbau erhalten einen Rabatt von 50 Prozent. Für Regionalgruppen belaufen sich die Kosten auf 100 Euro pro Gruppe.
Gesetzliche Vorgaben und Einsatz von Wärmepumpen im Altbau
Ministerialdirektor Dr. Michael Münter, Amtschef des Umweltministeriums, wird zu Beginn die verschärften Ziele von Land, Bund und EU vorstellen. Er gibt eine kurze Übersicht über die Energie- und Klimapolitik des Landes, skizziert, was der Bund in der aktuellen Legislaturperiode alles ändern will, und beleuchtet die Vorgaben aus Brüssel.
Wärmepumpen sind gerade das bestimmende Thema, wenn es um den Heizungstausch geht. Auf bewährt unterhaltsame Art geht Energieberater Carsten Herbert, besser bekannt aus dem Internet als Energiesparkommissar, mit den Teilnehmenden in die Grenzbereiche der Wärmepumpennutzung. Er zeigt, wie man schnell und sicher beurteilen kann, ob eine Wärmepumpe möglich und rentabel ist und was es zu beachten gilt. Zudem wird er darauf eingehen, welche Rolle Klimageräte bei der Beheizung von Wohnhäusern spielen können.
Wie Klimaschutz im Quartier vorangetrieben werden kann und welche Strategien der energetischen Stadtsanierung erfolgreich sind, erläutert Kirsten Klehn vom Stadtplanungs- und Architekturbüro plan zwei aus Hannover. Spezialisiert auf Projekte, die Städte, Quartiere, Dörfer und Orte lebenswert und zukunftsfähig machen, zeigt sie einen Querschnitt aus zahlreichen geförderten Vorhaben.
Die Keynote am Vormittag kommt von Prof. Dr. Christine Hannemann live aus dem Hörsaal der Uni Stuttgart. Ihr Thema ist das neue Wohnen in der Stadt. Sie nimmt die Teilnehmenden mit auf eine Reise in die nahe Zukunft des urbanen Lebens. Als einzige Professorin zum Thema Wohnen in Deutschland präsentiert sie eine soziologische Zeitdiagnose zum Wandel des Wohnens und wie Energieexpertinnen und -experten darauf reagieren müssen.
Energetisch sanieren lohnt sich (fast) immer
Nach Mittagspause, Netzwerken und Besuch der Fachausstellung geht es weiter mit Dr. Anna Braune von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Die Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung spricht in ihrem Vortrag darüber, warum Sanieren in Zukunft – gerade bei einer ganzheitlichen Betrachtung – noch lukrativer wird als bisher.
Den Klimawandel aus gesundheitlich-medizinischer Sicht und die Rolle der Akteure thematisiert PD Dr. med. Christian Schulz, Geschäftsführer von KLUG – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit. In der nachmittäglichen Keynote zeigt er auf, welche gesundheitlichen Auswirkungen die Veränderungen des Klimas mit sich bringen. Im Anschluss geht er darauf ein, wie die Änderung des Lebensstils, unter anderem beim Wohnen, einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Praxisbeispiele: Gründach und Solarstrom, Wohnraum flächeneffizient gestalten
Nach einer humoristischen Zwischeneinlage geht es dann wieder in die Praxis: Welchen Mehrwert begrünte Dächer in Kombination mit Photovoltaikanlagen bieten können, zeigt Katrin Löning von der Firma pulswerk, einem Beratungsunternehmen des Österreichischen Ökologie-Instituts aus Bregenz. Viele Fachleute schätzen bislang die Kombination aus Artenvielfalt, Wasserhaushalt, Bautenschutz und Energieerzeugung noch nicht genug. Sie aber machen das Dach zu einem noch wichtigeren Bauteil der Gebäudehülle.
Zum Schluss folgt ein Vortrag, wie Wohnraum flächeneffizient gestaltet und saniert werden kann. Anstatt „bauen, bauen, bauen“ sollen soziale Aspekte im Vordergrund stehen. Über die gemeinsame Umsetzung eines Projektes mit einer Wohnungsgesellschaft berichtet Arne Steffen vom Architekturbüro werk.um. Er zeigt, wie Wohnsuffizienz gelingen kann, obwohl dies dem Geschäftsmodell von Investoren und Planern zunächst eher widerstrebt.