Die 104 größten Kommunen müssen ihren Plan finalisieren –weitere 100 kleinere Gemeinden sind bereits freiwillig aktiv
Die treibhausgasneutrale Wärmeversorgung ist ein zentraler Baustein, um die Klimakrise einzudämmen und unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Aus diesem Grund hat Baden-Württemberg als erstes Bundesland Deutschlands die 104 großen Kreisstädte und Stadtkreise verpflichtet, einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. Die Pläne zeigen auf, wie sich der Energieverbrauch des Gebäudebestandes in Baden-Württemberg spätestens bis zum Jahr 2040 klimaneutral gestalten lässt. Die Frist zum Erstellen endet für die verpflichteten Kommunen Ende 2023. Befindet sich eine Kommune noch am Anfang, sollte sie zeitnah den Fokus auf den Wärmeplan legen – darauf weist die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) hin. Erfreulich ist, dass bereits 100 kleinere Gemeinden freiwillig in den Prozess gestartet sind. Das entspricht rund zehn Prozent der nichtverpflichteten Kommunen.
Das Land Baden-Württemberg hat ambitionierte Ziele, wenn es um den Klimaschutz geht. Regelmäßig gehen die Anforderungen über die bundesweite Gesetzgebung hinaus. So auch bei der kommunalen Wärmeplanung. Für die 104 großen Kreisstädte und Stadtkreise des Landes ist es Pflicht, bis Ende des Jahres 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. So sieht es das Klimaschutzgesetz des Landes vor. Der Plan ist ein wichtiges Instrument, um die Wärmeversorgung im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung zukunftsorientiert zu gestalten. Die Pflicht zur Wärmeplanung in Baden-Württemberg gilt für Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Kosten entstehen ihnen keine, das Land stellt die Finanzierungsmittel bereit.
In vier Etappen zum Ziel
Ein kommunaler Wärmeplan besteht aus vier Abschnitten. „Im ersten Schritt ermittelt die Kommune den aktuellen Stand der Wärmeversorgung“, erklärt Dr. Max Peters, Bereichsleiter Wärmewende bei der KEA-BW. „Zuerst werden alle Informationen erfasst, die den Gebäudebestand, den Wärmeverbrauch, die Treibhausgasemissionen und die bestehende Wärmeversorgungsstruktur im Gemeindegebiet betreffen.“ Im zweiten Schritt analysiert die Kommune, wo sich ihre Energieeffizienz steigern lässt. Wo ermöglichen der Einsatz von erneuerbaren Energien, Abwärme und Kraft-Wärme-Kopplung eine klimaneutrale Wärmeversorgung?
Während der dritten Etappe entwickelt die Stadt bzw. die Gemeinde Szenarien, wie ihre klimaneutrale Wärmeversorgung in Zukunft aussehen kann. „Schließlich finalisiert die Kommune den Wärmeplan. Er enthält neben einer Zusammenfassung der vorherigen Schritte auch die Ausformulierung konkreter Maßnahmen“, so Max Peters von der Landesenergieagentur. Er empfiehlt vom ersten Prozessschritt an eine übergreifende Beteiligung und Diskussion der Maßnahmen mit allen betroffenen kommunalen Abteilungen, Eigenbetrieben und Stadtwerken, Netzbetreibern, Wohnbaugesellschaften und weiteren Betrieben.
Auch ohne Pflicht sind alle Gemeinden gefordert
Noch ist der Plan für eine klimaneutrale Wärmeversorgung nicht für alle Kommunen Pflicht. Doch wenn das Land Baden-Württemberg in Zukunft komplett klimaneutral sein will, muss früher oder später jede Gemeinde die Versorgung mit Wärme auf klimaneutrale Alternativen umstellen. Umso erfreulicher ist es, dass bereits 100 nicht verpflichtete Gemeinden freiwillig einen kommunalen Wärmeplan erstellen – das sind etwa weitere zehn Prozent der Kommunen im Land. Als Anreiz hält das Land ein für sie zugeschnittenes Förderprogramm bereit, das noch bis Ende 2026 läuft. Alle bisher eingereichten Förderanträge wurden bewilligt. Eine Nachahmung ist erwünscht.
Behalten große und kleine Gemeinden das aktuelle Tempo bei, sind zum Ende des Förderzeitraums mehr als die Hälfte der Gemeinden und damit mehr als 80 Prozent der Bevölkerung mit einem kommunalen Wärmeplan versorgt.
Synergien nutzen: Wärmeplanung im Konvoi
Für kleinere Gemeinden ist ein Zusammenschluss mehrerer Kommunen zu einem sogenannten Planungskonvoi interessant. Möglich ist das auch gemeinsam mit einer verpflichteten großen Kreisstadt. Die Beteiligten entwickeln einen gemeinsamen Wärmeplan. Die KEA-BW empfiehlt den an interkommunaler Wärmeplanung interessierten Gemeinden vor der Beantragung von Fördermitteln die geeignete Konvoigröße und -zusammensetzung gründlich zu prüfen. Stimmen die geographischen Voraussetzungen? Verfolgen alle Parteien das gleiche Ziel? Gibt es bereits Erfahrungen aus einer früheren Zusammenarbeit? Die Beantwortung dieser Fragen kann einen entscheidenden Einfluss auf das Gelingen oder Scheitern der kommunalen Wärmeplanung im Konvoi haben. Von den 100 freiwilligen Gemeinden nutzen aktuell 77 Gemeinden diese Möglichkeit. Sie agieren in insgesamt 17 Konvois.
Angebot der Landesenergieagentur
Die kommunale Wärmeplanung ist eine große Herausforderung. Auf Dauer wird das Thema vermutlich jede Kommune erreichen, da die Bundesregierung an entsprechenden Regelungen arbeitet. Um den Einstieg zu erleichtern, gibt es viele Beratungs- und Unterstützungsangebote der KEA-BW. Ein Leitfaden zeigt zahlreiche Tipps und praxisorientierte Handlungsempfehlungen für alle Gemeinden im Land.
Alle Informationen zum Thema Wärmewende gibt es auf der Website der Landesenergieagentur: www.kea-bw.de/waermewende.