Gesetz greift bei allen grundlegenden Dachsanierungen von bestehenden Gebäuden
Neue Regel greift bei rund 34.000 Dächern pro Jahr im Südwesten
Am 1. Januar 2023 ist die finale Stufe der Photovoltaik-Pflicht im Südwesten in Kraft getreten: Bei einer grundlegenden Dachsanierung müssen Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden eine Photovoltaikanlage installieren. Darauf weisen die vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Programme Zukunft Altbau und Photovoltaik-Netzwerk Baden-Württemberg hin. Wer sein Dach großflächig saniert, muss mindestens 60 Prozent der solargeeigneten Dachfläche mit Photovoltaikmodulen belegen. Alternativ ist auch die Installation einer solarthermischen Anlage möglich. Die Zahl der Solaranlagen wird aufgrund der neuen Regelung deutlich zunehmen.
Wer eine Photovoltaikanlage errichtet, erzeugt günstigen Solarstrom. Das macht unabhängiger vom Stromversorger, widerstandsfähiger gegen die steigenden Strompreise und trägt zu einem klimaneutraleren Strommix bei. Je nach Größe der Anlage und dem Strombedarf wird in Wohngebäuden rund ein Drittel des Ökostroms für die Beleuchtung und elektrische Geräte selbst verbraucht. Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, die einen Solarstromspeicher, ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe haben, können den wirtschaftlich lukrativen Eigenverbrauch des Stroms vom Dach noch weiter steigern.
Den Teil, der nicht selbst genutzt werden kann, speist die Anlage gegen eine Vergütung in das öffentliche Netz ein. Diese wurde im Sommer 2022 deutlich angehoben: Der Vergütungssatz für Hausdachanlagen unter zehn Kilowatt installierter Leistung liegt nun bei 8,2 Cent pro Kilowattstunde. Das sind rund 30 Prozent mehr als zuvor. Inzwischen ist auch eine Volleinspeisung wieder attraktiv. Hier liegt die Vergütung bei 13 Cent pro Kilowattstunde.
60 Prozent des Dachs müssen belegt werden
„Wer künftig sein Dach grundlegend saniert, muss mindestens 60 Prozent der für Solarenergie geeigneten Dachfläche mit Photovoltaikmodulen ausstatten“, sagt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Diese Regel ist der vierte und letzte Schritt im Klimaschutzgesetz Baden-Württembergs bezüglich der Photovoltaik-Pflicht.“ Vorher galt dies schon beim Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden und Parkplätzen.
Die 60 Prozent sind dabei als Mindestanforderung zu verstehen. Oftmals ist auch die Installation einer größeren Solaranlage bis hin zu einer vollständigen Abdeckung der geeigneten Dachfläche sinnvoll. Dies gilt zum Beispiel für die Eigentümerinnen und Eigentümer, die bereits eine Wärmepumpe betreiben, ein E-Auto nutzen oder eine solche Anschaffung planen. Sie reduzieren mit der größeren Anlage die Kosten für den gestiegenen Stromverbrauch. Außerdem sinken bei größeren Anlagen die relativen Kosten. Meist ist eine Vergrößerung der Anlage auch sinnvoll, um den zusätzlich erzeugten Strom einzuspeisen.
Definition: Was ist eine grundlegende Dachsanierung?
Als grundlegende Dachsanierung gelten Baumaßnahmen, bei denen die Abdichtung eines Flachdachs oder die Eindeckung eines Steildachs großflächig erneuert wird. Dabei ist es unerheblich, ob eine Wiederverwendung der Baustoffe erfolgt oder nicht. Aber es gibt auch Ausnahmen: wenn Baumaßnahmen ausschließlich zur Behebung kurzfristig eingetretener Schäden vorgenommen werden, etwa Sturmschäden, dann handelt es sich nicht um eine grundlegende Dachsanierung.
Zudem muss es sich mindestens um eine zusammenhängende Dachfläche von 20 Quadratmetern handeln, sonst gilt die Dachfläche als nicht ausreichend für eine Solarnutzung geeignet. Als solargeeignet gelten Dachflächen außerdem, wenn sie ausreichend von der Sonne beschienen werden. „Damit sind nicht verschattete oder nur wenig verschattete Dachflächen gemeint, die nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sind“, erklärt Tina Schmidt vom Photovoltaik-Netzwerk Baden-Württemberg. „Dächer mit einer Dachneigung von mehr als 20 Grad, die nach Norden zeigen, stuft die Landesregierung als nicht geeignet ein.“
Für eine Solarnutzung grundsätzlich als ungeeignet gelten kleine Gebäude mit einer Nutzfläche von weniger als 50 Quadratmetern. Denkmalgeschützte Gebäude sind nicht prinzipiell von der Solar-Pflicht ausgenommen, hier erfolgt eine Einzelfallprüfung. Zudem ist es möglich, einen Härtefallantrag bei der unteren Baurechtsbehörde zu stellen, wenn die Installation einer Photovoltaikanlage einen unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Aufwand verursachen würde. Diese Anträge haben inzwischen allerdings nur noch im Einzelfall Erfolg.
Ein Beispiel
Geht man bei einem freistehenden Einfamilienhaus von rund 100 Quadratmetern solargeeigneter Dachfläche aus, sind mindestens 60 Quadratmeter des Dachs zu belegen. Das ergibt eine installierte Leistung der Solaranlage von rund zwölf Kilowatt. Eine Photovoltaikanlage kostet derzeit pro Kilowatt Leistung rund 1.600 bis 1.900 Euro, die gesamte Beispielanlage also rund 21.000 Euro. Mit ihr können je nach Ausrichtung der Anlage rund 12.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden. Das ist mehr als dreimal so viel, wie der durchschnittliche Haushaltsstromverbrauch einer Familie beträgt – allerdings ohne Wärmepumpe und E-Auto.
Spätestens zwölf Monate nach der Errichtung der Anlage müssen die Eigentümerinnen oder Eigentümer der unteren Baurechtsbehörde eine Bestätigung der Bundesnetzagentur zukommen lassen, dass die Photovoltaikanlage im Markstammdatenregister registriert worden ist.
Andere Erfüllungsmöglichkeiten des Gesetzes
Es stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, das Gesetz zu erfüllen. Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer können die Anlagen statt aufs Hausdach auch in unmittelbarer räumlicher Umgebung installieren. Dazu zählt beispielsweise die Fassade, der Carport oder der Garten. Die Verpachtung der Dachfläche an Dritte, die dort eine Solaranlage installieren und betreiben, ist ebenfalls möglich. Eine weitere Option ist die Installation einer solarthermischen Anlage, die das Brauchwasser erwärmt oder die Heizung unterstützt. Damit haben Eigentümerinnen und Eigentümer einen Spielraum bei der Umsetzung der Photovoltaik-Pflicht.
Das Potenzial der Solar-Pflicht ist hoch. Jedes Jahr greift sie bei geschätzt 27.000 Wohngebäuden und 7.000 Nichtwohngebäuden in Baden-Württemberg, deren Dächer für eine Solarnutzung geeignet sind und auf denen bisher noch keine Photovoltaikanlage installiert wurde.
Weiterführende Informationen gibt es auch kostenfrei am Beratungstelefon von Zukunft Altbau unter 08000 12 33 33 (erreichbar Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr) oder per E-Mail an beratungstelefon@zukunftaltbau.de. Regionale Ansprechpartner des Photovoltaik-Netzwerks Baden-Württemberg stehen unter: www.photovoltaik-bw.de.
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Die wichtigsten Daten der Photovoltaik-Pflicht in Baden-Württemberg im Überblick
- Seit 1. Januar 2022: Neubau von Nichtwohngebäuden
- Seit 1. Januar 2022: Neubau von offenen Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen
- Seit 1. Mai 2022: Neubau von Wohngebäuden
- Seit 1. Januar 2023: bei grundlegender Dachsanierung von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden
Die Details sind in der Photovoltaik-Pflicht-Verordnung des Umweltministeriums Baden-Württemberg geregelt.
FAQ zur Solar-Pflicht
Antworten auf Fragen zur Photovoltaik-Pflicht gibt es hier:
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