Wie Solarstromanlagen als Konjunkturspritze wirken – und
das Klima schützen
Die installierte Leistung der in Deutschland errichteten Photovoltaikanlagen hat im April 2020 die 50-Gigawatt-Grenze überschritten. Ein beschleunigter Ausbau würde nicht nur dem Klima helfen, sondern auch der derzeit schrumpfenden Wirtschaft. Darauf weist das Solar Cluster Baden-Württemberg hin. Ein Beispiel des südwestdeutschen Branchenverbandes zeigt: Würden über den aktuellen Zubau hinaus zusätzlich fünf Gigawatt Leistung pro Jahr von 2020 bis 2030 installiert, hätte dies hierzulande 30.000 neue Arbeitsplätze alleine im Bereich Planung und Installation zur Folge. Zusätzliche Kosten im Vergleich etwa zum Betrieb von Kohlekraftwerken entstehen in diesem Szenario praktisch keine. Die inländische Wertschöpfung wäre jedoch deutlich höher als bei den fossilen Energien. „Dass die Barrieren für den Solarstromausbau nicht schleunigst beseitigt werden, ist nicht nur angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation aufgrund der Corona-Pandemie unverständlich“, sagt Franz Pöter, der Geschäftsführer des Solar Clusters. Den Klimaschutz würde ein verstärkter Ausbau ebenfalls voranbringen.
Eine wichtige Hürde für den volkswirtschaftlich und klimapolitisch sinnvollen Ausbau der Solarstromerzeugung ist der Solardeckel: Werden 52 Gigawatt installierte Leistung erreicht, endet der Förderanspruch für alle kleinen und mittleren Photovoltaikanlagen. In den nächsten Monaten wird dies der Fall sein, sollte die Bundespolitik die Ende letzten Jahres beschlossene Abschaffung nicht endlich umsetzen. Längst werden aus diesem Grund Solarprojekte auf Eis gelegt oder abgesagt. Neben der Abschaffung des Deckels gibt es weiteren dringenden Änderungsbedarf auch beim Ausbaukorridor und der damit zusammenhängenden monatlichen Vergütungsdegression, so Franz Pöter. „Wir brauchen eine Erhöhung des Zubaus auf insgesamt zehn Gigawatt pro Jahr und eine entsprechende Reduzierung der Vergütungskürzung. Sonst kann die Photovoltaik ihren Beitrag zur Energiewende nicht leisten.“
Um den zunehmenden Bedarf von Strom für Elektroautos oder Wärmepumpen aus den Sektoren Mobilität und Wärme zu decken und trotzdem das 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung bis 2030 einzuhalten, sind neben dem Ausbau der Windenergie zehn Gigawatt neu installierte Solarleistung pro Jahr notwendig. Das hat auch eine Studie vom März 2020 im Auftrag der Denkfabrik Agora Energiewende gezeigt.
Photovoltaik könnte beim Weg aus der Krise helfen
Ein weiterer Solarstromausbau ist angesichts des Kohle- und Atomausstiegs auch zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit dringend erforderlich. Ein Blick auf die Kostenseite zeigt, dass dies nicht mit erhöhten Preisen verbunden ist: Investition und Betrieb der neuen Solaranlagen kosten durchschnittlich 6,5 Cent pro erzeugte Kilowattstunde. Das ist günstiger als Strom aus abgeschriebenen Braun- und Steinkohlekraftwerken, selbst wenn der CO2-Preis lediglich 30 Euro pro Tonne beträgt.
Die Wertschöpfung in der Photovoltaik hierzulande ist freilich deutlich höher als bei fossilen Energien, bei denen viel Geld ins Ausland abfließt: Derzeit arbeiten rund 50.000 Beschäftigte in der deutschen Solarbranche. Dazu gehören Hersteller von Modulen, Wechselrichtern, Produktionsanlagen und Komponenten sowie Forschungsinstitute, Projektierer, Großhändler und Installateure. Zum Vergleich: In der Braun- und Steinkohlebranche, die aktuell rund dreimal so viel Strom liefert, arbeiten höchstens noch rund 30.000 Beschäftigte. Mit zusätzlichen 50 Gigawatt Solarleistung über den aktuellen Zubau hinaus kämen noch einmal 30.000 Arbeitsplätze alleine für Planung und Installation in der Solarbranche hinzu.
Der Einfluss von mehr Solaranlagen auf die EEG-Umlage ist übrigens gering: 50 Gigawatt zusätzlich über den aktuellen Zubau hinaus installierte Photovoltaikleistung führen lediglich zu einer EEG-Umlage von 0,35 Cent pro Kilowattstunde. Erhöht sich der CO2-Preis um zehn Euro pro Tonne, sinkt die Umlage sogar um 0,7 Cent pro Kilowattstunde. Da viele teure Altanlagen bald aus der Einspeisevergütung fallen, wird die Umlage insgesamt auf rund vier Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2030 und auf zwei Cent im Jahr 2035 sinken. Es besteht also kein Grund zur Sorge vor einer höheren EEG-Umlage.
Auch beim Klimaschutz wirkungsvoll
Auch beim Klimaschutz sind Solaranlagen besonders effizient: Rund 30 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Jahr vermeiden die inzwischen rund 1,7 Millionen Solarstromanlagen jährlich. Ohne die Blockade von Teilen der Bundesregierung könnte dieser Betrag bereits jetzt viel höher sein. Ein Ausbau von insgesamt 100 Gigawatt in den nächsten zehn Jahren würde weitere 330 Millionen Tonnen Kohledioxidausstoß einsparen, so die Berechnungen des Solar Clusters.
Eine größere Photovoltaikanlage auf einem Einfamilienhaus mit 16 Kilowatt installierter Leistung spart rund zehn Tonnen CO2 im Jahr ein. 800 Buchen wären erforderlich, um dieselbe Menge des Treibhausgases zu binden. Eine mittelgroße Solaranlage auf Gewerbeimmobilien oder kommunalen Gebäuden mit 350 Kilowatt installierter Leistung vermeidet rund 220 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Größere Anlagen auf Industriedächern oder Verwaltungsgebäuden schaffen bei einer Größe von 750 Kilowatt installierter Leistung 470 Tonnen Einsparung. Ein Solarpark mit einer installierten Leistung von zehn Megawatt vermeidet sogar rund 6.300 Tonnen Treibhausgase jährlich.
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EEG müsste verstärkten Photovoltaik-Ausbau unterstützen
Um einen Zubau von zehn Gigawatt installierte Photovoltaik-Leistung jährlich zu erreichen, ist neben der Abschaffung des Solardeckels zusätzlich die Erhöhung des Ausbaukorridors im EEG notwendig, so dass auch Photovoltaikanlagen, die in den nächsten Jahren gebaut werden, eine ausreichende Mindestvergütung zur Absicherung der Finanzierung erhalten. Die EEG-Vergütung ist derzeit mit 9,4 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) für kleine Hausdachanlagen und 7,2 ct/kWh für Aufdachanlagen mit 100 kWp schon niedrig und darf nur noch langsam fallen, weil die Anlagenkosten für kleine und mittlere Anlagen aufgrund der fixen Installations- und Handwerkerkosten nicht mehr so stark sinken können wie in den letzten Jahren. Bei der derzeitigen Degression von 1,4 Prozent pro Monat läge die Vergütung in drei Jahren bei lediglich noch 5,7 ct/kWh beziehungsweise 4,3 ct/kWh. Das wäre deutlich zu niedrig, um die Finanzierung ausreichend zu unterstützen.
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