Forschungsbündnis legt Positionspapier zur Innovationsstärkung vor
Innovationsallianz Baden-Württemberg rät zu mehr Forschungsförderung – enge Anbindung an die Wirtschaft nötig
Baden-Württemberg ist die mit Abstand innovativste Region in der Europäischen Union. Das zeigen erneut aktuelle Zahlen des Statistischen Landesamtes. Auf den Lorbeeren ausruhen darf sich der Südwesten jedoch nicht. Darauf weist die Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW) hin. Denn die Innovationskraft ist im Südwesten ungleich verteilt. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen stagniert die Innnovationskraft sogar. Sie nutzen das Potenzial etwa der Medizin- und Biotechnologie, erneuerbarer Energien oder der Digitalisierung noch viel zu selten. Wie dies substanziell geändert werden kann, hat das Forschungsbündnis nun in einem Positionspapier dargelegt. Die nächste Landesregierung müsse ihre förderpolitischen Anstrengungen weiter ausbauen, damit die Firmen mehr von Innovationen profitieren können. Dazu brauche es unter anderem eine bessere finanzielle Ausstattung der innBW-Institute. Auch die Nähe zur Wirtschaft sei wichtig – Überlegungen, die Zuständigkeit künftig im Wissenschaftsministerium anzusiedeln, seien daher kontraproduktiv.
Zum Positionspapier: www.innbw.de/de/news
Mit 81 von 100 möglichen Punkten liegt der Südwesten auf dem am 15. April 2020 veröffentlichten Innovationsindex 2020 weiterhin unangefochten auf Platz eins. Das Land führt mit Abstand von 19 Indexpunkten die EU-Spitzengruppe an. Auf Platz zwei liegt Bayern mit einem Wert von knapp 62 Punkten, dicht gefolgt von der französischen Hauptstadtregion Île de France mit 61 Punkten.
Hohe Investitionen der Wirtschaft in Forschung und Entwicklung, innovative Industriezweige und eine Vielzahl von Patentanmeldungen bescheren Baden-Württemberg auch dieses Mal den ersten Rang. Jedoch: „Der erste Platz basiert insbesondere auf der Innovationsstärke großer Firmen in wirtschaftsstarken Regionen wie dem Großraum Stuttgart“, sagt innBW-Sprecher Prof. Dr. Alfons Dehé. „Beim Mittelstand, dem Rückgrat der baden-württembergischen Wirtschaft, lässt sich hingegen ein Nachlassen des Innovationsbeitrags an der gesamtwirtschaftlichen Innovationsleistung beobachten.“
Die Innovationskraft kleiner und mittlerer Unternehmen stagniert seit Jahren, zeigte bereits vor fünf Jahren die ZEW-Studie „Innovativer Mittelstand 2025“. Daran hat sich wenig geändert, die Coronakrise hat die Situation sogar verschärft. Hinzu kommt: bei der Zahl der Gründungen in Relation zum Unternehmensbestand belegt Baden-Württemberg trotz großer förderpolitischer Anstrengungen nur einen mittleren Platz im nationalen Vergleich. Geht es um die Gründungsrate von Hightech-Start-ups in forschungsintensiven Industrien, landet man sogar nur auf einem der hinteren Plätze, so das EFI-Jahresgutachten 2021 der Expertenkommission Forschung und Innovation. Gründungen entstehen nicht im erforderlichen Maß, was für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts außerordentlich bedenklich ist.
Hilfestellung für Unternehmen vorangetrieben
Damit kleine und mittlere Unternehmen im Südwesten wieder auf die Überholspur kommen, gilt es künftig, gezielter der negativen Entwicklung entgegenzusteuern. „Als einer der führenden Wirtschaftsstandorte in Europa muss es unser Ziel sein, etwa künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Wasserstoffanwendungen und Elektromobilität stärker voranzutreiben. Hier müssen wir mutiger werden und die Unternehmen besser fördern“, fordert Dehé.
Das im April 2021 veröffentlichte innBW-Positionspapier zeigt, welche konkreten Maßnahmen nötig sind, um Innovationen in Unternehmen zu beschleunigen. Mit der ressortübergreifenden Förderung innovativer Projekte in Schlüsseltechnologien sowie im Rahmen des Forums Gesundheitsstandort BW, des Strategiedialogs Automobilwirtschaft sowie Invest_BW investiere Baden-Württemberg bereits zielgerichtet in die technologische Transformation der Wirtschaft.
Was das Land tun sollte, um Innovationen zu beschleunigen
Nun gelte es, den innovationsorientierten Politikansatz des Landes konsequent auszubauen, so die Autoren des Positionspapiers. Zusätzliche Maßnahmen zur Intensivierung von Forschung und Entwicklung im Mittelstand seien notwendig, um dringend benötigte Innovationen und Wachstumsimpulse zu schaffen. Da die innBW beim Transfer der Forschungsergebnisse in die Südwestwirtschaft – auch aus Sicht der Landesregierung – eine entscheidende Rolle spielt, brauche es im Zuge einer aktiveren Innovationsvermittlung jedoch eine bessere finanzielle Ausstattung der 12 innBW-Institute. Wichtig sei unter anderem eine Erhöhung der Grundfinanzierung auf ein Mindestniveau von 20 Prozent sowie eine jährliche Steigerung von fünf Prozent, eine Förderung der Verbundforschung sowie eine finanzielle Unterstützung der Forschungsinfrastruktur der innBW-Institute. Das würde helfen, den Transfer von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung in marktreife Produkte, Technologien und Geschäftsmodelle zu intensivieren und zu beschleunigen.
Von den jüngsten Überlegungen, die Zuständigkeit für die wirtschaftsnahe Forschung künftig im Wissenschaftsministerium anzusiedeln, rät Dehé dringend ab. „Wollen wir als anwendungsnahe Forschungsinstitute Erfolg haben, brauchen wir mehr denn je die direkte Anbindung an das Wirtschaftsministerium. Sie ist der Garant für einen engen Bezug der innBW-Institute zu den Unternehmen und für eine bedarfsorientierte, wirtschaftsnahe Forschung. Das ist von zentraler Bedeutung, um die Brückenfunktion der innBW zur Wirtschaft zu erfüllen.“
Erfolgreicher Know-how-Transfer
Die innBW-Institute unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen durch anwendungsorientierte Forschung. Ihre erfolgreiche Arbeit lässt sich auch an der Anzahl der erfolgreichen Ausgründungen messen: seit 2010 wurden an oder mit Hilfe von innBW-Instituten 27 Unternehmen gegründet. Ihre Gründung stand jeweils im direkten Zusammenhang mit Forschungsergebnissen und Entwicklungen der Institute. Im Vergleich mit anderen Einrichtungen der angewandten Forschung nimmt die innBW hier einen absoluten Spitzenplatz ein.