Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Ministerialdirektor Michael Kleiner vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus zu Besuch in Ulm
Die Herstellung neuartiger Hochleistungsbatterien für Elektrofahrzeuge und stationäre Speicher ist in Deutschland einen wichtigen Schritt vorangekommen. Am 2. Mai 2024 wurde am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm eine Pilotanlage eingeweiht, die erstmals hierzulande die Produktion von innovativen Batteriematerialien und deren Vorprodukten im Maßstab von bis zu 100 Kilogramm außerhalb der Industrie ermöglicht. Zur Einweihung anwesend waren Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Ministerialdirektor Michael Kleiner vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. Der Baubeginn der Anlage erfolgte im Dezember 2022. Sie wurde mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Den Neubau des bundesweiten Leuchtturms der deutschen Batterieforschung namens „Powder-Up!“ förderte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg finanziell.
„Die neue Produktionsstätte Powder-Up! für die Herstellung von hochenergetischen und umweltfreundlichen Batteriematerialien ist ein zentraler Baustein für den Aufbau einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Batteriewertschöpfungskette in Deutschland und Europa. Damit treiben wir die technologische Souveränität in dem Bereich weiter voran. Die deutsche Batterieforschung ist spitze, jetzt müssen wir den Transfer in die Anwendung verbessern und neue, innovative Infrastrukturen hierfür schaffen. Mit der Pilotanlage Powder-Up! am ZSW in Ulm und der Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster entsteht in Deutschland ein zusammenhängendes Forschungsökosystem für die Entwicklung innovativer Batterietechnologien ‚Made in Europe‘. Diese Forschungsinfrastruktur stärkt die Position Deutschlands als führender Standort für die Batterieproduktion. Nun liegt es an der Industrie, dieses Angebot für einen schnellen Markthochlauf zu nutzen“, betont Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger.
„Die Batteriezelle ist eine besonders wichtige Zukunftstechnologie. Michael Kleiner, Ministerialdirektor im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, betonte: „Mit der Landesförderung von insgesamt zehn Millionen Euro leisten wir einen wichtigen Beitrag, damit das ZSW seine Stellung als führendes anwendungsorientiertes Batterieforschungszentrum weiter ausbauen kann.“
„Die Performance von Lithium-Ionen-Batterien hängt hauptsächlich von den verbauten Materialien ab. Mit der Pilotanlage Powder-Up können nun erstmalig außerhalb der Industrie solche Kathodenmaterialien in einer seriennahen Umgebung hergestellt werden“, so Prof. Dr. Markus Hölzle, Leiter des ZSW in Ulm. „Wir sind stolz darauf, diese herstellerunabhängige Entwicklungsplattform unseren Partnern aus Industrie und Wissenschaft anbieten zu können. In dem viergeschossigen Powder-Up-Neubau kommen ausschließlich industrieerprobte Maschinen zum Einsatz, um eine erfolgreiche Produktherstellung unter seriennahen Bedingungen zu garantieren.“
Kathodenmaterialien industrienah herstellen
Neue Materialien werden zunächst in kleinen Batterieprototypen getestet. Bei erfolgreichen Ergebnissen werden dann jedoch schnell deutlich größere Materialmengen notwendig. Diese konnten bisher nur von den großen industriellen Herstellern geliefert werden, die jedoch meist nicht in Europa produzieren und nur selten bereit sind, ihre besten Produkte an Universitäten oder andere Forschungseinrichtungen abzugeben. Diese Lücke schließt nun Powder-Up.
Die Powder-Up-Pilotanlage umfasst eine Nutzfläche von 2.400 Quadratmetern und deckt alle Produktionsschritte für die Herstellung von hochenergetischen und umweltfreundlichen Batteriematerialien ab. Dazu gehören eine Fällungsanlage für Vorstufen, eine Hochtemperatur-Wärmebehandlung sowie verschiedene Varianten der Nachbearbeitung. Ebenso integriert sind neue chemische Labore sowie hochpräzise analytische Messgeräte. Die neuen Anlagen ermöglichen es, schnell unterschiedliche Produktmuster herzustellen und diese ebenso schnell zu testen. Mittels digitalisierter Prozessschritte inklusive der zugehörigen Produktanalytik sollen die Entwicklungszyklen weiter verkürzt werden, um Ressourceneinsatz, Produktausbeute und die Performance von Batterien schnell weiter verbessern zu können.
Die in Powder-Up hergestellten Materialien, der Fokus liegt auf neuartigen Kathodenmaterialien, können anschließend in Pilotanlagen bei Forschungsinstituten oder bei Batterieproduzenten für Entwicklungen genutzt werden. Chargen bis 100 Kilogramm sind möglich. Erst diese Menge an Material ermöglicht den Bau von originalgroßen Batterien, wie sie später zum Beispiel in Fahrzeugen eingesetzt werden würden. Powder-Up dient darüber hinaus der Erforschung einzelner Produktionsschritte und der hierfür eingesetzten Maschinen. Durch diese Arbeit unterstützt Powder-Up auch den deutschen Maschinenbau, von dem fast alle Maschinen und Anlagen stammen.
Das Land Baden-Württemberg finanziert das Powder-Up-Gebäude mit 10 Millionen Euro. Die Pilotanlage mit allen Anlagenteilen, der Gebäude- und Sicherheitstechnik sowie die notwendige Analytik wird mit 24 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziell gefördert.
Investitionen, Innovation und Industriezusammenarbeit
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am ZSW erforschen seit über 35 Jahren Funktionsmaterialien für Batterien und Superkondensatoren. Sie verfügen daher über umfassende Erfahrung in der Entwicklung und Verarbeitung maßgeschneiderter Pulver und Pasten. Ein Fokus liegt auf dem Design innovativer Batteriezellen ohne den Einsatz kritischer und umweltschädlicher Roh- und Hilfsstoffe, aber auch auf Batteriezellen mit erhöhter Sicherheit.
Zur Ausstattung des ZSW in Ulm gehört seit 2014 auch eine große Pilotlinie für die industrielle Produktion von Lithium-Ionen-Zellen bis 80 Amperestunden sowie seit 1998 ein europaweit anerkanntes Batteriesicherheits- und Testzentrum, in dem die Leistungsfähigkeit von Batterien und insbesondere von neuen Batterieprototypen unter extremsten Bedingungen bewertet wird. Hierzu zählen auch bewusst herbeigeführte Batteriebrände in den am ZSW vorhandenen Sicherheitsbunkern. Die Erforschung und Implementierung von Recyclingverfahren für Produktionsabfälle und Metalle aus gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien runden die Aktivitäten ab.
Durch die kontinuierliche und großzügige Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Landes Baden-Württemberg wurde in den letzten Jahren ein robustes Ökosystem für die Batteriefertigung in Deutschland aufgebaut. Das ZSW spielt dabei eine Schlüsselrolle im Technologietransfer. Heute arbeiten mehr als 100 Expertinnen und Experten am ZSW in Ulm an innovativen Komponenten für die nächsten Generationen von Batteriezellen.