Landesenergieagentur KEA-BW gibt Tipps für weitere Schritte
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Bundesweit wird die Wärmeplanung für Städte und Gemeinden spätestens Mitte 2028 Pflicht
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Im Südwesten mussten große Kommunen bereits Ende 2023 Wärmepläne abgeben
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Die KEA-BW liefert Tipps für Kommunen, die über ein Wärmenetz nachdenken
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Unterstützung gibt es auch in Form eines Muster-Leistungsverzeichnisses
Viele Städte und Gemeinden in Deutschland befinden sich bei der kommunalen Wärmeplanung noch ganz am Anfang. Sie haben dafür je nach Größe bis Mitte 2026 oder Mitte 2028 Zeit. So regelt es das Wärmeplanungsgesetz des Bundes. Anders ist es in Baden-Württemberg: Hier mussten alle großen Kommunen bereits 2023 einen Wärmeplan vorlegen. Zu erwarten ist, dass Wärmenetze neben Quartieren mit dezentralen Einzelheizungen für die künftige Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen werden. Wie Kommunen, die über ein Wärmenetz nachdenken, am besten vorgehen können, hat nun die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) zusammengestellt. Zuerst müssen genügend Interessierte sowie ein Wärmenetzbetreiber gefunden werden – zunächst ohne festen Wärmepreis. Am Prozessende stehen idealerweise Planung und Bau des Wärmenetzes. Die KEA-BW-Fachleute zeigen Städten und Gemeinden, wie sie dabei vorgehen können. Unterstützung bietet das Muster-Leistungsverzeichnis Quartierskonzept.
Bundesweit müssen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bis zum 30. Juni 2026 Wärmepläne aufstellen. Kleinere Städte und Gemeinden haben etwas länger Zeit: Das Wärmeplanungsgesetz sieht für sie den 30. Juni 2028 als Endtermin vor. Für Kommunen, in denen weniger als 10.000 Menschen wohnen, kann es ein vereinfachtes Verfahren geben. Der Südwesten ist bereits etwas weiter: In Baden-Württemberg ist für die 104 großen Kreisstädte und Stadtkreise die Wärmeplanung bereits Realität. Sie mussten bis 31. Dezember 2023 ihren kommunalen Wärmeplan beschließen. Das betrifft ziemlich genau die Hälfte der Bevölkerung des Landes. Der Wärmeplan muss bislang alle sieben Jahre fortgeschrieben werden. Zeitgleich planen zahlreiche kleine Gemeinden auf freiwilliger Basis. Dabei unterstützt sie ein Landesförderprogramm.
Eignungsgebiete für Wärmeplan gefunden – und dann?
Ein Wärmeplan weist Eignungsgebiete für eine dezentrale oder zentrale Wärmeversorgung aus und definiert eine Wärmewendestrategie mit Maßnahmen. Während bei der dezentralen Wärmeversorgung die Initiative bei den einzelnen Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern liegt, braucht eine zentrale Wärmeversorgung eine übergeordnete Koordination vieler unterschiedlicher Interessen und Zeitvorstellungen. Ist ein Wärmenetz in der Kommune sinnvoll und von Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert, beginnt erst die eigentliche Arbeit. Denn das Wärmenetz muss nicht nur geplant und gebaut werden: Davor steht noch die ebenso wichtige „Projektentwicklungsphase“. Insbesondere für Kommunen, die kein eigenes Stadt- oder Gemeindewerk haben oder deren Stadt- oder Gemeindewerk noch nicht im Wärmemarkt aktiv ist, ist diese Projektphase eine Herausforderung. Der Grund: Meist fehlen Personal und das nötige Know-how.
An dieser Stelle können sich Kommunen Unterstützung von neutralen Fachleuten holen. In Baden-Württemberg etwa bietet dies die KEA-BW an. „Die wesentliche Aufgabe in der Projektentwicklungsphase besteht darin, die Eigentümerinnen und Eigentümer anzusprechen, deren Gebäude im Eignungsgebiet liegen oder deren Grundstücke möglicherweise für die Leitungsverlegung benötigt werden“, erklärt Christian Kaiser vom Kompetenzzentrum Wärmewende der KEA-BW. Darüber hinaus ist die Berechnung des jährlich erzielbaren Wärmeabsatzes erforderlich und die Recherche zu lokal vorhandenen Potenzialen zur klimaneutralen Wärmeerzeugung im Wärmenetz. Auch die Recherche zu Fördermitteln sowie die Kalkulation der voraussichtlichen Gesamtkosten und des daraus entstehenden Wärmepreises gehören dazu.
Die einzelnen Aufgaben bedingen jedoch einander. So bewirkt eine möglichst hohe Zahl von angeschlossenen Gebäuden einen günstigen Wärmepreis. Solange der Wärmepreis jedoch nicht abschließend feststeht, wird keine Gebäudeeigentümerin und kein Eigentümer einen verbindlichen Wärmeliefervertrag unterschreiben. Potenzielle Wärmenetzbetreiber wollen aber wissen, wieviel Wärme verkauft werden kann und welche Investitionen in Wärmezentrale und Rohrleitungen dafür erforderlich sind. Vorher tun sich Wärmenetzbetreiber mit einem Projekt schwer. Doch dieser Knoten lässt sich lösen.
Quartierskonzept und Sanierungsmanagement als sinnvolle nächste Schritte
„Die Unsicherheit aufgrund unklarer Anschlussdichte, fehlendem Wärmepreis und fehlender Grundlage für eine Netzbetreibersuche ist überwindbar“, sagt Kaiser. „Mit Hilfe eines Quartierskonzeptes und gegebenenfalls anschließendem Sanierungsmanagement kann die Projektentwicklung gelingen.“ Das Vorgehen gliedert sich in zwei Teile. Zuerst konkretisiert ein Dienstleister in einem Quartierskonzept die Erkenntnisse aus der kommunalen Wärmeplanung. Als Dienstleister kommen beispielsweise Ingenieurbüros, spezialisierte Projektentwickler oder die regionale Energieagentur in Frage. Auch für Stadtwerke, die mit Wärmenetzen ein neues Geschäftsfeld erschließen möchten, ist es sinnvoll, ein Quartierskonzept zu erstellen. Insbesondere ermitteln sie die konkreten Energiebedarfe für die einzelnen Gebäude. Die Untersuchung, die neben den Potenzialen eines Wärmenetzes auch die für energetische Gebäudesanierung, Photovoltaik, klimaneutrale Mobilität und die Möglichkeit der Klimafolgenanpassung ermittelt, dauert rund ein Jahr. Am Ende steht ein Maßnahmenkatalog, der den Weg des Quartiers in die Klimaneutralität beschreibt.
Für die Umsetzungsbegleitung dieser Maßnahmen und ihrer Akteure ist als zweiter Schritt das optionale Sanierungsmanagement sinnvoll. Dabei agiert der Dienstleister oder eine gemeindliche Stelle als ein Ansprechpartner und „Kümmerer“ vor Ort: „Das Sanierungsmanagement führt beispielsweise mit den Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern ‚Kellergespräche‘. In denen wird erläutert, wie sich der Wärmenetzanschluss umsetzen lässt. Im Idealfall entscheidet sich der Besitzer für eine Interessensbekundung“, so Kaiser. „Bei dieser Gelegenheit informieren die Fachleute auch zu energetischer Gebäudesanierung und verfügbaren Fördermitteln wie der Bundesförderung für effiziente Gebäude.“ Zudem klären die Parteien wichtige Aspekte wie die benötigte Anschlussleistung, den jährlichen Wärmebedarf, die Position der Wärmeübergabestation und eventuell die Länge und den Verlauf der Leitung ins Haus.
So nimmt das Wärmenetz Gestalt an / Muster-Leistungsverzeichnis hilft
Auf Basis der Interessensbekundungen wird anschließend eine Ortskarte erstellt. In ihr sind die Lage der erforderlichen Gebäudeanschlüsse und Anschlussleistungen sowie die jährlichen Wärmebedarfe räumlich dargestellt. Ein mögliches Wärmenetz wird dadurch deutlich konkreter. Die Kommune kann diese Informationen potenziellen Wärmenetzbetreibern zur Verfügung stellen. Das versetzt diese in die Lage, einen Wärmepreis zu ermitteln. Auf der Basis der kalkulierten Wärmepreise und der Versorgungskonzepte ist dann ein Betreiberauswahlverfahren möglich. Der so ausgewählte Betreiber kann anschließend Wärmelieferverträge mit den Haushalten abschließen.
Der Dienstleister für die Erstellung des Quartierskonzepts wird in der Regel über ein Vergabeverfahren gefunden. Damit Gemeinden das Leistungsverzeichnis leichter erstellen können, bietet die KEA-BW jetzt ein kostenloses Muster-Leistungsverzeichnis Quartierskonzept zum Download an und einen Leitfaden dazu. Es lässt sich leicht auf die individuellen Bedürfnisse der Kommune anpassen. Dadurch schafft es die Grundlage für einen zielführenden und kostengünstigen Projektablauf. Wichtig ist: Spätestens im Zuge des Sanierungsmanagements sollte die Gemeinde entscheiden, ob sie im Projekt eine aktiv-gestaltende oder lediglich eine passiv-begleitende Rolle annehmen möchte. Im ersten Fall kann sie ihre Interessen besser vertreten, muss aber auch finanzielle Verpflichtungen eingehen. Die Wahl hängt von den finanziellen, personellen und fachlichen Ressourcen in der Gemeindeverwaltung und der politischen Entscheidungsfindung in den Gremien ab.
Letzter Schritt: Die Wärmenetzfachplanung
Um das Wärmenetz schließlich in die Straße legen zu können, braucht es noch die Fachplanung durch ein Ingenieurbüro. „Während das Sanierungsmanagement lediglich darstellt, in welcher Straße die Wärmeleitung liegen soll, legt die Wärmenetzfachplanung detailliert fest, in welcher horizontalen und vertikalen Lage die Leitung neben den anderen Leitungen für Wasser, Strom, Abwasser, Erdgas und Telekommunikation verlegt wird“, erklärt Kaiser. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert eine solche Machbarkeitsstudie im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“.
Idealerweise koordiniert die Kommune die Arbeiten dieser Phase mit anderen Tiefbauarbeiten, beispielsweise mit Sanierungsarbeiten am Abwasserkanal oder der Verlegung von Glasfaserkabeln. Die Fachleute klären zudem, welchen Durchmesser und Dämmstandard die Leitung haben soll. Darüber hinaus geben sie Auskunft, welcher Wasserdruck in der Leitung nötig ist, welche Leistung die Pumpen haben müssen und wie die Leitungsabzweige zu den Gebäuden ausgeführt werden.
Gebäudeeffizienz immer Nummer eins
Ein Wort zum Schluss: Unabhängig von der Art der Wärmeversorgung sollte die Energieeffizienz von Gebäuden grundsätzlich an erster Stelle stehen. Nur so kann der Gebäudebestand klimaneutral werden. Denn die klimafreundlichste und ressourcenschonendste Wärme, ist diejenige, die etwa aufgrund verbesserter Dämmung nicht erzeugt werden muss. Zudem haben energetisch sanierte Gebäude einen höheren Wohnkomfort und schonen die Nerven, da Preissteigerungen im Energiesektor weniger relevant sind.
Weitere Informationen
- Die Fachleute des Kompetenzzentrums Wärmewende der KEA-BW stehen für eine Initialberatung von Kommunen im Südwesten bereit:
kea-bw.de/waermewende/angebote/initialberatung - Was ist die kommunale Wärmeplanung? kea-bw.de/waermewende/wissensportal
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze