Mehr als 150 Interessierte haben online beraten, wie Windenergieausbau beschleunigt werden kann
Topthema: Windenergie und Artenschutz versöhnen
Die Bedingungen für den Ausbau der Windenergie im Südwesten müssen dringend verbessert werden. Darin einig waren sich Politik und Windbranche beim Windbranchentag Baden-Württemberg am 20. Mai 2020. Die Windbranche fordert mehr ausgewiesene Flächen, schnellere Verfahren und eine weniger restriktive Auslegung des Artenschutzrechts. Umweltminister Franz Untersteller hofft vor allem auf die anstehende Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Er begrüßte die Einigung auf Bundesebene, die den Abstand von Windparks zu Siedlungsflächen weitgehend ins Ermessen der Länder stellt. Der Windbranchentag fand dieses Jahr virtuell statt, es diskutierten mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
„Seit zwei Jahren werden in Baden-Württemberg kaum neue Windparks gebaut,“ beklagt Christian Oberbeck, Vorsitzender des Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) – Landesverband Baden-Württemberg. Eine zum Erliegen gekommene Ausweisung von Konzentrationszonen für Windparks, eine rigide Stärkung der Vorgaben des Artenschutzes gegenüber dem Klimaschutz und massiver örtlicher Widerstand von lauten Minderheiten an konkreten Standorten haben den Ausbau der Windenergie nach Einschätzung von Christian Oberbeck ausgebremst. Die geographischen Nachteile des Südwestens gegenüber dem Norden der Republik kommen im Moment gar nicht zum Tragen. Denn die bundesweiten Ausschreibungen sind weit unterzeichnet. Jeder genehmigte Windpark in Baden-Württemberg würde im Jahr 2020 einen Zuschlag bekommen und könnte gebaut werden.
Die Windenergiebranche in Baden-Württemberg ist es gewohnt, mit schwierigen Rahmenbedingungen klar zu kommen. Deshalb gelang es dem BWE auch problemlos, den geplanten Windbranchentag aus dem Haus der Wirtschaft in Stuttgart ins Internet zu verlegen. Die Teilnehmenden diskutierten trotz Corona Wege aus dem Stillstand, der die Jahre 2019 und 2020 beim Windenergiezubau in Baden-Württemberg und Deutschland prägt.
Hoffnung machen den Unternehmen der Windbranche vor allem drei Dinge: Der technologische Fortschritt, die höhere Akzeptanz für Klimaschutz dank der Aktivitäten von Fridays for Future und die zunehmende Rückendeckung der breiten Bevölkerung, die sich in zuletzt bei drei deutlich gewonnenen Bürgerentscheiden für Windparks gezeigt hat. Die Technik der Windenergie wird in rasantem Tempo besser und die Kosten sinken rasch. Waren vor zehn Jahren noch zwei Megawatt-Anlagen Standard, werden im kommenden Jahr auch in Schwachwindregionen wie Baden-Württemberg die ersten Anlagen mit nahezu sechs Megawatt installierter Leistung gebaut. Mehr als zehn Millionen Kilowattstunden klimaschonender Windstrom pro Windenergieanlage und Jahr sind dann problemlos möglich. Das entspricht dem privaten Stromverbrauch von 10.000 Menschen. Ein kleiner Windpark mit drei modernen Anlagen kann also die Haushalte einer 30.000 Einwohner Stadt mit Strom versorgen.
Wenn es jetzt gelingt, die Vorgaben des Artenschutzes vor allem für den Rotmilan und das Auerhuhn so auszulegen, dass der Bau von Windparks in Baden-Württemberg wieder möglich wird, dann hat die Windbranche Hoffnung, dass die Zubauzahlen für Windenergie wieder deutlich steigen. Erste Hoffnung auf Verbesserungen machen die veränderten Zahlen für Dichtezentren, die dank des deutlichen Anstiegs der Rotmilanpopulation in Baden-Württemberg und Europa angehoben werden konnten. Nur so sind die Vorgaben des Klimaschutzes zu erreichen.