Politik sollte den Weiterbetrieb von Biogasanlagen sichern
Biogas ist eine wichtige Alternative zu Erdgas, geht es um eine klimafreundliche und krisenfeste Energieversorgung im Südwesten. Darauf weist die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) hin. Über 1.000 Biogasanlagen zwischen Mannheim und Friedrichshafen liefern aktuell rund neun Prozent der erneuerbar erzeugten Wärme im Land. Doch viele Anlagen könnten bald abgeschaltet werden, ändern sich die politischen Rahmenbedingungen nicht.
Mehr als 50 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf die Wärmeversorgung. Knapp die Hälfte davon wird durch Erdgas erzeugt, das aktuell zu großen Teilen aus Russland bezogen wird. Aus Klimaschutzgründen und aufgrund der Versorgungssicherheit braucht es hier Alternativen. Eine davon ist Biogas. Es steht als heimischer und klimafreundlicher Energieträger zur Verfügung. Beim Verbrennen im Blockheizkraftwerk wird Strom und gleichzeitig auch Wärme erzeugt. Die Abwärme aus den Biogasanlagen nutzen bereits tausende Haushalte in Deutschland über Wärmenetze. „Biogas kann einen wichtigen Beitrag für eine klimafreundliche und krisensichere Wärmebereitstellung leisten“, ist Otto Körner überzeugt. Er ist Vorstandsmitglied der Plattform EE BW und Regionalreferent Baden-Württemberg des Fachverbandes Biogas.
Der Fachverband Biogas schätzt, dass in den gut 9.500 deutschen Biogasanlagen genug Wärme für rund eine Million Haushalte entsteht. Bei einem durchschnittlichen Wärmebedarf von 10.000 Kilowattstunden (kWh) pro Haushalt entspricht dies einer Gasmenge von einer Milliarde Kubikmeter – was rund zwei Prozent der Gasimporte aus Russland entspricht. Über zehn Prozent der Anlagen, mehr als 1.000, stehen in Baden-Württemberg. Im Jahr 2020 stellten sie rund 1.860 Gigawattstunden an Wärme bereit. Der Anteil an der gesamten erzeugten Wärme durch erneuerbare Energien lag damit bei rund neun Prozent, etwa so viel wie Wärmepumpen im Südwesten produziert haben.
Biogas besonders für den ländlichen Raum interessant
Viele der Biogasanlagen tragen dazu bei, kleinere Kommunen überwiegend mit erneuerbarer Wärme und Strom zu versorgen. Baden-Württemberg ist mit weit über hundert Gemeinden bei den sogenannten Bioenergiedörfern Spitzenreiter. Etwa Wolpertshausen, Ebenweiler und Großeicholzheim. Die Entstehung weiterer Bioenergiedörfer stagniert jedoch aufgrund unsicherer Rahmenbedingungen.
Gerade für den ländlichen Raum sind Biogasanlagen mit angeschlossenen Wärmenetzen sehr gut geeignet, die Wärmeversorgung klimaneutral sicherzustellen. Auf dem Land gibt es genug Biomasse als Energieträger. Auch für die Verbraucher ist Biogaswärme vorteilhaft: Die Kosten für die Kilowattstunde Wärme liegen in der Regel unter denen für fossile Energieträger. Die Übergabestation im Keller gehört dem Betreiber, der sich um die Wartung und Reparaturen kümmert. Für die Hauseigentümer entfallen damit diese Aufgaben. Mit dem Anschluss an ein biogasgespeistes Wärmenetz erfüllen sie nach einem Heizkesseltausch außerdem die in Baden-Württemberg geltende Pflicht zum Einsatz erneuerbarer Energien.
Biogas muss als elementar für die Versorgungssicherheit anerkannt werden
Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine fordert die Plattform EE BW, die besondere Rolle von Biogas für die Versorgungssicherheit und die erneuerbare Wärmeerzeugung anzuerkennen. Zudem leiste das speicherbare Biogas einen Ausgleich zu den volatilen Hauptenergieträgern Sonne und Wind. Die politische Unterstützung für Biogas müsse daher ausgeweitet werden. Der Grund: Für viele Anlagen endet bald der Förderzeitraum über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Anlagen funktionieren reibungslos, erhalten bald aber keine Einspeisevergütung mehr. Viele von ihnen werden dann abgeschaltet.
„Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland gut funktionierende, klimafreundliche und sichere Biogasanlagen nicht weiter betreiben“, betont Körner. Daher müsse dringend ein zukunftsfähiges und wirtschaftliches Modell entwickelt werden, um deren Weiterbetrieb zu gewährleisten und die Abhängigkeit von Erdgas zu verringern.